Der EuGH traf diese Entscheidung in einem sog. Vorabentscheidungsverfahren. Im Rahmen solcher Verfahren hat der EuGH darüber zu entscheiden, wie Bestimmungen des Unionsrechts auszulegen sind. Im konkreten Verfahren ging es um eine Bestimmung der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie (MwStSystRL). Diese EU-Richtlinie bildet die Grundlage für die nationalen Umsetzungsrechtsakte zur Umsatz-/Mehrwertsteuer in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten. Aufgrund seines Auslegungsmonopols in Bezug auf Unionsrecht sind die Entscheidungen des EuGH in solchen Verfahren von allen EU-Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Richtlinie und Anwendung ihrer nationalen Gesetzesbestimmungen zu berücksichtigen.
Österreich hat vor kurzem auf das EuGH-Urteil reagiert und seine Steuerpraxis entsprechend angepasst. Bis dato war ein Unternehmer bei einem Forderungsausfall trotz erhaltener Versicherungsleistung zur Berichtigung der Umsatzsteuer nach § 16 Abs. 1 und 3 UStG 1995 berechtigt, da die Versicherungsleistung bisher als „echter Schadenersatz“ gesehen wurde und für die Umsatzbesteuerung irrelevant war. Nach dem jüngsten UStR-Wartungserlass 2023 ist eine solche USt-Berichtigung – wenn und so weit der Unternehmer anstelle der ausgefallenen Forderung eine Versicherungsleistung erhalten hat – nunmehr nicht mehr möglich:
„Der im Schadensfall an den leistenden Unternehmer bezahlte Geldersatz ist Entgelt für die versicherten, steuerbaren Umsätze. Insoweit darf der leistende Unternehmer ab dem 1.1.2024 keine Berichtigung […] vornehmen.“
Es ist davon auszugehen, dass auch die anderen EU-Mitgliedstaaten ihre Steuerpraxis entsprechend anpassen werden, wenn sie es nicht ohnehin schon getan haben bzw. bereits vor der EuGH-Rechtsprechung so gehandhabt haben. Sollte die Steuerpraxis anderer EU-Mitgliedstaaten bei dieser Thematik für Ihr Unternehmen relevant sein (insbesondere, wenn Sie mitversicherte Unternehmen in anderen EU-Mitgliedstaaten haben), erkundigen Sie sich bitte bei Ihrem Steuerberater/Ihrer Steuerberaterin!